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Der digitale Geist in der Flasche

Seit einigen Jahren ist es gängige Praxis an Hochschulen digitale Lehr- und Lernmaterialien über so genannte Lernmanagement-Systeme, die in Kursen organisiert sind, den Studierenden zur Verfügung zu stellen. Neben der Möglichkeit auf Materialien zuzugreifen bieten die LMS viele andere Funktionen um den digitalen Lehralltag zu unterstützen, dazu gehören Tests, kollaborative und kommunikative Werkzeuge, wie zum Beispiel Foren oder Wikis und mehr.

Das Digitale ist im Hochschultag nicht mehr wegzudenken, man muss kein Expertin sein, um zu sehen, dass fast nichts mehr der Digitalisierung entkommt. Digitale Inhalte, Kommunikation und Kooperation ersetzen nicht das direkte Gespräch, sind aber in Punkto Schnelligkeit des Zugriffs und der Verbreitung unübertroffen. Das bedeutet zwar nicht, dass zwangsläufig qualitative Verbesserungen im Lehren und Lernen eintreten. Aber gerade Hochschulen bzw. Bildungseinrichtungen im Allgemeinen sind darauf angewiesen einfachen Zugriff auf Lehrmaterialien zu haben und benötigen eine gewisse Lehrinfrastruktur.

Texte und Literatur liefern die Bibliotheken oder wurden prä-digital als Kopiervorlagen ebenfalls in den Bibliotheken bereitgestellt.
Die Textausgabe, mit der studiert wurde, wurde als Privatkopie angefertigt. Die Vergütung für die Vervielfältigung wird pauschal als Geräteabgabe gezahlt.
Die Alternative zum Anbieten von Kopiervorlagen an Hochschulen wäre dagegen die Angabe einer Literaturliste mit der Aufforderung sich die betreffenden Werke zu kaufen. Bei der Menge an zu studierender Literatur und zu studierender Texte müsste jede/r Studierende eine nicht unerhebliche Menge Geldes investieren um sich die Fachliteratur zu kaufen. Dies wird und wurde aber in der Regel nur bei wenigen Werken getan.

Nicht anders läuft es im digitalen Zeitalter: Auch hier werden die Werke überwiegend nicht gekauft, sondern die digitalen Kopien genutzt. Dafür war es bisher Usus, dass eine Pauschalvergütung gezahlt wurde, analog der Vergütungsregelung für die private Analogkopie. Nun soll dies nicht mehr ausreichen.

Ein bürokratischer Einzelerfassungsakt soll die Bereitstellung eines digitalen Dokuments begleiten. Einer universitätsexternen Stelle werden Seiten- und Teilnehmerzahlen gemeldet oder müssten gemeldet werden. Kleine Veranstaltungen mit viel Literatur können mit der Einzelerfassung und -abrechnung teuer werden, genauso wie große Veranstaltungen mit wenig Literatur. Geld wird bezahlt für etwas, das gar nicht bezahlt werden müsste. Ein Verfahren, das nicht einmal hieb- und stichfest kontrolliert werden kann, ob es befolgt wird. Da erscheint es auch billiger mit der Kopiervorlage im analogen Semesterapparat zu arbeiten.

Doch der digitale Geist ist damit nur scheinbar in der Flasche: Eine analoge Kopiervorlage wird sehr schnell zur digitalen werden und kaum kontrollierbar in den Dropboxen verteilt werden.

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